Das Niveau der kommunalpolitischen Debatte sinkt ab

Was ist die politische Rechte in der Kommunalpolitik? Rechte Bürgerpartei GL und die nationalpopulistische AfD buhlen um Annerkennung bei anderen Parteien und senken dabei das Niveau der politischen Debatte ab.

(Bergisch Gladbach) Es ist bemerkenswert, wie leichtfertig und undifferenziert manche Zeitgenossen über Politik diskutieren.  Da wird alles vermengt und wild gemixt und am Ende behaupten alle von sich, sie wären sachlich oder sogar neutral.  Da werden Kommunisten mit Sozialdemokraten, Grünen und Linken vermischt und bei der Rechten werden Konservative, Populisten mit Nationalsozialisten in einen Topf geworfen ohne dabei zwischen Katja Kipping, Sigmar Gabriel, Simone Peter und Stefan Engel oder zwischen Wolfgang Bosbach, Bernd Lucke, Frauke Petry oder Frank Franz zu differenzieren. Auch bezeichnen manche „rechts = rechtsextrem“ und vergleichen mit Nazis, obwohl das an keiner Stelle zur Kommunalpolitik in Bergisch Gladbach  und von niemanden und nirgends (auch in anderen Texten nicht) geschrieben wurde. Denn die Unterschiede in der Rechten sind deutlich vorhanden und das politische Spektrum ist in Strömungen gegliedert.

Die Zeiten, in der nur zwei oder drei Parteien die politische Landschaft bestimmt haben, sind lange vorbei. In der Bundesversammlung finden sich heute Vertreter von 10 verschiedenen Parteien. Und trotzdem denken viele entweder in zu engen Kategorien oder sie vermischen unterschiedliche politische Ausrichtungen undifferenziert miteinander, so wie es ihnen gerade in den Kram passt, um andere zu diffamieren oder nur um sie vorzuführen.

Eine solche unsachliche  kommunalpolitische Diskussion auf niedrigen Niveau ist nervend, denn eigentlich sollten man davon ausgehen, dass die Diskutanten, eine politische Differenzierung vornehmen und diese auch intellektuell verstehen können.  In dieser Woche wurde ich eines andere belehrt und möchte deshalb etwas mehr dazu schreiben.

In Bergisch Gladbach gibt es nicht nur SPD und CDU, denn bei der letzten Wahl wurden acht verschiedene Parteien und Wählervereinigung in den Stadtrat gewählt. Das Spektrum geht von rechts bis nach links und dazwischen liegen weitere Facetten, an denen sich auch immer wieder etwas bewegt.

Am Beispiel des rechten Spektrum wird klar, dass einige Kommentatoren auf diesem Auge blind sind und deshalb die Strömungen nicht einordnen und unterscheiden. Auch wenn sich manche Aussagen aus NPD, AfD oder rechtskonservativen in der CDU oft bis auf das Wort gleichen und diese um das gleiche Wählerspektrum buhlen, gibt es auch auf kommunaler Ebene Distanz. So beobachten wir eine gegenseitigen Abgrenzung der rechten Bürgerpartei GL und der AfD. Ganz deutlich und unüberwindbar ist die Distanz von CDU zur NPD (die in der Bergisch Gladbacher Kommunalpolitik keine Rolle spielt), während es bei AfD, PEGIDA und ProNRW und NPD Berührungspunkte gibt. Trotzdem kann man sich nicht in einen Topf werfen.

Die politische Rechte differenziert sich nicht nur von einer politischen Linken anhand des Kriteriums Gleichheit, sondern auch zwischen rechter Mitte und extremer Rechten anhand des Kriteriums Freiheit. Rechtsgerichtete Strömungen reichen von konservativen oder rechtspopulistischen Positionen innerhalb des demokratischen Spektrums bis hin zu verschiedenen Erscheinungsformen des antidemokratischen Rechtsextremismus, die ihre äußersten Extreme in Bewegungen wie dem Nationalsozialismus finden.
Diese Strömungen sind mitunter weit voneinander entfernt, doch es eint sie allesamt die Ablehnung einer aktiv emanzipatorischen Gesellschaftsveränderung auf politischem Wege, wie sie von den verschiedenen Strömungen des linken Spektrums angestrebt wird. Politische Rechte wollen die traditionelle gesellschaftliche Ordnung sowie deren Werte und Normen nicht grundlegend verändern (konservative Rechte), in einen früheren Zustand zurücksetzen (reaktionäre Rechte) oder grundlegend erneuern (revolutionäre Rechte).

„Innerhalb des demokratischen Spektrums wird der Begriff „rechts“ heute meist mit „bürgerlich“ gleichgesetzt und für die entsprechenden Parteien (in Deutschland vor allem CDU/CSU und teilweise FDP) verwendet, um sie von der „Linken“ abzugrenzen. Als Eigenbezeichnung ist er unter Demokraten eher ungebräuchlich, da rechts insbesondere in der deutschsprachigen Öffentlichkeit oft mit dem Phänomen des Rechtsextremismus gleichgesetzt oder zumindest assoziiert wird und dadurch negativ besetzt ist. Daher grenzen sich die meisten Vertreter des demokratischen Konservatismus davon ab, um sich vom Stigma eines „rechten“ Images zu lösen. Stattdessen beanspruchen sie, wie viele Sozialdemokraten, den Standpunkt der politischen Mitte. Franz Josef Strauß besetzte dagegen bewusst auch den rechten Rand des demokratischen Spektrums und betonte, es dürfe rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben. Diese Strategie war insofern erfolgreich, als Mitbewerber der Union auf der rechten Flanke des politischen Spektrums wie die Deutsche Partei, die Deutsche Reichspartei oder auch der GB/BHE seit den ausgehenden 1950er Jahren stark an Bedeutung verloren, aus dem Bundestag ausschieden und allenfalls als Parteisplitter fortbestanden. Auch Gerhard Löwenthal, deutscher Journalist und Holocaustüberlebender, bezeichnete sich selbst als „rechten Demokraten“. Es existiert zudem eine Vielzahl rechtsradikaler und rechtsextreme Parteien, von denen keine im Bundestag vertreten ist und die teilweise wegen verfassungsfeindlicher Tendenzen von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet werden. Als größte rechtsextreme Partei gilt die NPD. Die Sozialistische Reichspartei war als offen nationalsozialistische Organisation bereits 1952 vom Bundesverfassungsgericht verboten worden.
Der Parteienforscher Peter Lösche hält die zukünftige Etablierung einer Partei rechts der CDU auf Bundesebene für möglich. Mit der 2013 gegründeten AfD hat sich erstmals seit längerer Zeit wieder eine Partei, die von Politikwissenschaftlern als rechts von den Unionsparteien eingestuft wird, in der deutschen politischen Landschaft vorerst etabliert.“ Aus de.wikipedia.org https://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Rechte_%28Politik%29

Es ist also ganz normal, dass auch die AfDler in Bergisch Gladbach oder die kleine rechte Regionalpartei "Bürgerpartei GL" (BPGL) sich nicht gerne als rechts bezeichnen lassen und ihre Freunde ihnen immer wieder zur Seite springen, doch die Politikwissenschaft sagt etwas anderes. Wer in der Kommunalpolitik diese aber undifferenziert mit Rechtsrextremisten (ob mit ProNRW oder NPD) angleicht und diese nicht richtig abgrenzt, sollte sich besser weiterbilden.

Eine politische Differenzierung ist demokratisch.
Die Einordnung als rechts oder links ist nicht einfaches Schwarz-weiß-Denken, denn es geht um inhaltliche Unterschiede, welches sich auch im kommunalpolitischen Handeln niederschlagen. Wer so tut als würde es diese weltanschaulichen Unterschiede in der Kommunalpolitik Bergisch Gladbach nicht geben, ist unpolitisch und reduziert Politik auf angebliche Sachfragen und der falschen Annahme, dass es Lösungen geben würde, die alle „gut finden“ "müssen".
Eine demokratische Gesellschaft  ohne eine kritische Opposition ist nicht denkbar.  Dabei ist es egal ob von links oder rechts, denn nur so kann der politische und demokratische Diskurs in Gang gehalten werden, der letztlich zu besseren Ergebnissen führen kann.

Es ist nicht notwendig und politisch auch falsch, dass sich die politischen Lager in der Kommunalpolitik verbrüdern und so tun als würde es keine grundlegenden weltanschaulichen Unterschiede in den Lagern geben.  Das gilt für die ehemalige nationalpopulistischen AfD-Fraktion genauso wie für die rechte Bürgerpartei Bergisch Gladbach.  Man mag sich von der Straße kennen und im Stadtrat über die Standort einer Ampel oder über die Ablehnung eine Finanzierungsvorschlag aus der Verwaltung "gleich" abstimmen, aber eine "Zusammenarbeit" des linken Sprektrums des Stadtrats mit der AfD oder der Bürgerpartei GL ist dadurch nicht gerechtfertigt. Auch eine informelle und verdeckte Kooperation zwischen der SPD, Grünen oder der LINKEN mit der  AfD oder der Bürgerpartei GL wird von dern Wählerinnen und Wähler eigentlich abgelehnt, denn das haben sie ganz sicher nicht gewollt.
Die Forderung nach einer falschverstandenen und weichgespülten politischen Toleranz gegenüber bestimmten rechten Strömungen bedeutet nicht nur Betrug an den Wählerinnen und Wählern, sondern Gleichgültigkeit und Ignoranz gegebenüber deren Politik. Genau aber das will die Rechte erreichen, um die Akzeptanz von Positionen in der Bevölkerung zu erhöhen, wenn von links nicht mehr widersprochen wird.

Politischer Respekt wird nicht dadurch erreicht, dass man alles unreflektiert glatt- oder abbügelt, sondern das man sich ernsthaft mit der andere Meinung, Argumenten und Vorschlägen und den weltanschaulichen Positionen auseinandersetzt. Dazu gehört auch, zwischen Rechts und Rechts zu differenzieren und seine Meinung in aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen und sich gegenbenfalls abzugrenzen. Für so manchen Kommunalpolitiker insbesondere des gesamten linken Spektrums aber auch aus anderen Parteien in dieser Stadt wäre eine deutlichere Positionierung gegenüber den rechten Parteien AfD und Bürgerpartei GL sehr wünschenswert.

Auch in der Kommunalpolitik gehört es dazu diese Unterschiede dezidiert zu benennen, denn die Wirkung von grundsätzlichen Weltanschauungen (ob stark oder schwach) auf Entscheidungen ist immer vorhanden. Wer das leugnet lügt sich selbst an oder verfolgt ganz andere politische Ziele!

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