Sehr geehrter Herr Ziffus,
Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 15.11.2009 an mich als Fraktionsvorsitzender der Fraktion DIE LINKE. (mit BfBB) zur Pressemitteilung „Wer grün wählt, wird sich schwarz ärgern" vom Ortsverband Bergisch Gladbach der Partei DIE LINKE. vom 28.10.2009 antworte ich als Sprecher des Ortsverbands und nicht als Fraktionsvorsitzender. Zwischen der Fraktion und der Partei gibt es nicht nur juristisch, sondern auch personell einen bedeutenden Unterschied.
Ich danke Ihnen für Ihre Korrektur unserer Pressemitteilung mit rotem Lehrerstift. Das erinnert mich an meine Schulzeit, in der mich oberlehrerhafte und zum Teil unsinnige Bemerkungen meiner Lehrer immer wieder zum schmunzeln gebracht haben. Ich vermisse eine Benotung. Mir ist bewusst, dass man nie auslernt, aber zum Glück suche ich mir heute meine Lehrer selbst aus.
Wie Sie wissen ist die Geschichte der Entstehung der Partei DIE LINKE. eng mit der Opposition zur rot/grünen Regierungspolitik von 1998-2005 und deren Agenda 2010 sowie ihrer völkerrechtswidrigen Kriegspolitik verbunden. Auch nach 4 Jahren parlamentarischer Opposition von Bündniss90/Die Grünen können wir keine grundsätzlich Abkehr von diesem Kurs in ihrer Partei feststellen. Die Grünen befürworten auch weiterhin den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan und machen keine Anstalten, die unsozialen und ungerechten Hartz IV-Gesetze abzuschaffen. Dies gilt auch für die Auseinandersetzung um die Ausbeutung von 1-€-Jobbern vor Ort.
Sicher gibt es auf kommunaler Ebene zahlreiche Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit, allerdings sehen wir im tatsächlichen Handeln ihrer Partei in den letzten Wochen nur wenige Ansatzpunkte diese tatsächlich zu realisieren.
Wie Ihnen ist uns durchaus bewusst, dass die SPD ihre eigene Reform verschläft. Wir wissen sehr gut womit wir mit der SPD dran sind und mit was wir rechnen können. Trotzdem oder gerade deshalb besteht zwischen der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE. (mit BfBB) ein solider Informationsaustausch. Trotz der inhaltlichen Unterschiede, die wir auch mit ihnen festgestellt haben, gibt es mit der SPD sachbezogene Aus- und Absprachen.
Ihre Partei war bisher nicht in der Lage, unser Gesprächsangebot wahrzunehmen. Wir haben eine große Runde der sogenannten Oppositionsparteien (DIE LINKE., BfBB, KIDs, FW, SPD und Grüne) immer ausdrücklich zugestimmt und aktiv versucht diese Runde zustande kommen zu lassen. Die Absage zu diesen Angeboten kam mehrfach von ihrer Partei.
Im Vorfeld der ersten Ratssitzung haben wir dann nur mit der SPD, der KIDitiative, den „Freien Wähler“ (FW) und der damaligen BfBB gesprochen. Die CDU und die FDP lehnen Gespräche mit uns
ab.
Da Sie sich mit der CDU und der FDP offenbar prächtig im Ausspielen und der taktischen Desinformation anderer Fraktionen verstehen, gingen wir davon aus, dass sie ähnlich wie die CDU und FDP
keine Gespräche mit uns wünschen. Unsere Gesprächsangebote an ihre Partei gingen alle ins Leere.
Hätte Sie im Vorfeld der ersten Sitzung des Stadtrats mit uns geredet, hätten Sie unsere Kritik an ihrem Vorgehen sicher schon früher gehört. Wir machen aus unserer Haltung zu Jamaika-Koalitionen kein Geheimnis. Als eine etablierte Partei müssen sich Bündnis90/Die Grünen nicht wundern, dass wir solch einen Wählerbetrug nicht verschweigen.
Diese deutliche Abgrenzung ist natürlich auch ursächlich in der bundespolitischen Positionierung oder z.B. dem verlogenen Verhalten ihrer Landesverbände im Saarland oder in Hamburg.
Ihr Verhalten vor Ort ist Ausdruck einer Ignoranz gegenüber politischen Minderheiten in diesem Stadtrat. Dies geschah unter Beteiligung ihrer Fraktion und war und ist klar gegen unsere
Ratsmitglieder gerichtet.
Das wundert uns nicht und wir fangen auch nicht an zu weinen, aber sie müssen dann auch damit rechnen, dass wir sie und die SPD dafür kritisieren.
Die guten Ergebnisse für DIE LINKE. sind auf uns selbst zurückzuführen. Wir sehe nur einen geringen Zusammenhang zur Koalition aus CDU und SPD in Bergisch Gladbach.
Konkret spielt es für uns keine Rolle wie die FDP, die Grünen oder die SPD ihre stellvertretene Bürgermeisterinnen auf welchem Listenplatz positionieren. Dieser Vorgang war mehr als peinlich,
zeigt aber deutlich worum es den Grünen eigentlich geht. Pöstchen!
Man möchte laut lachen, wenn Sie schreiben dass die FDP der Verursacher der veränderten Reihenfolge sei. Denn ohne die Stimmen ihrer Fraktion hätte die FDP das nur schwer durchsetzen
können. Die Ratsmitglieder der LINKEN haben sich dem Listenvorschlag der SPD angeschlossen, um zu signalisieren, dass sie die Position der Grünen und FDP ablehnen und zu Kompromissen mit
allen Fraktionen bereit sind.
Im Zusammenhang mit der Besetzung der Ausschussvorsitzenden und der stellvertretenden Bürgermeister ist eine Abstimmung für 17er Ausschüsse aus ihrer Fraktion durchaus plausibel. Auch der
Fraktionsvorsitzende der FW sprach sich in der ersten Sitzung des Stadtrats für 16er Ausschüsse aus. Die KIDs hatten schon vorher deutlich gemacht, dass sie zwei Stimmen für einen Sitz im
Jugendhilfeausschuss verkaufen werden. Hier sind zwei der vier Stimmen für die CDU/FDP Koalition wahrscheinlich zu finden.
Neue Erkenntnisse lassen uns aber nun auch vermuten, dass die Stimmen für die 17er Ausschüsse womöglich auch von der FW kommen könnten.
Wahrscheinlich kennt nur die CDU die Wahrheit, denn sie hat die geheime Abstimmung beantragt, um die beiden zusätzlichen Ratsmitglieder zu decken, die für die CDU/FDP gestimmt haben. Die
Abstimmung war geheim und Lippenbekenntnisse sind zwar nett, aber können uns nicht vollständig überzeugen.
Wir hegen wenig Hoffnung, dass es zwischen DIE LINKE. und den Grünen in nächster Zeit zu einem besseren Gesprächsklima kommt. Dies ist nicht nur ursächlich in den oben beschriebenen ausgeschlagenen Gesprächsangeboten und der Vorgänge im Stadtrat, sondern wohl auch in der arroganten Diktion ihres Briefes, welches die Grenze zur Unverschämtheit weiter als lediglich überschreitet. Insbesondere der Umstand, dass Sie “Die Linke” oder “links” unnachgiebig in Anführungszeichen setzen, und Sie damit deutlich Ihre Respektlosigkeit zum Ausdruck bringen. Solange Sie uns wie Schulkinder behandeln, die man mit Rotstift „durchkorrigiert“ und uns offensichtlich nicht ernst nehmen, halten wir konstruktive Veränderungen für unwahrscheinlich.
Da wir annehmen müssen, dass sie sich auch fortan an der Ausgrenzungspolitik des Stadtrats und des Bürgermeisters gegen die Fraktion DIE LINKE. (mit BfBB) beteiligen, müssen wir glauben, dass die von ihnen geäußerte Hoffnung und das mündlich vorgetragene Gesprächsangebot rein taktischer Natur sind.
Zu Gesprächen sind wir trotz einer geringen Erwartung aber durchaus bereit und wir schließen nicht kategorisch aus, dass dies ein Anfang sein könnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Tomás M. Santillán,
Sprecher DIE LINKE. Ortsverband Bergisch Gladbach
(Der Brief der Grünen Fraktion an DIE LINKE. wurde von Bündnis90/Die Grünen am 25.11.2009 unter www.gruene-bergischgladbach.de veröffentlich. Der Brief und die fehlende von Herrn Ziffus „durchkorrigierte“ Pressemitteilung ist zu finden HIER zum DOWNLOAD.)
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