In den „Direktwahlbüros“ in Bergisch Gladbach in zwei Banken zeichnen nicht nur Kameras den Wahlvorgang auf, sondern es wird auch direkt zwischen Wahlkabine und Urne auf einem
Werbemonitor geworben.
In den letzten Tagen diskutierte man in Bergisch Gladbach über die Überwachung der Wahllokale mit Kameras, welche die Wahlurnen und Wahlkabinen beobachten und den Wahlvorgang aufzeichnen. (Bericht “Videoüberwachung der Wahlräume Bergisch Gladbach“) Die Stadtverwaltung spielte das Thema herunter: Das sei alles nicht so schlimm! Die Überwachungskameras sind zwar alle angeschaltet, speichern auch Bilder der Wählerinnen und Wähler, aber schließlich spare die Stadt mit den neuen Wahllokalen in den Banken viel Geld ein und steigere damit die Wahlbeteiligung. So die Verwaltungsspitze. Und die Werbung im Wahlraum müsse man den Banken schon zugestehen, denn schließlich stellen sie die Räume zur Verfügung. Das beruhigt eigentlich niemanden, aber wenige Tage vor dem Wahlsonntag will die Stadt Bergisch Gladbach die Kameras und Werbemonitor nicht mehr abschalten oder verhängen lassen und so geht die Beobachtung und Berieselung des Wahlvolks weiter.
Solche “kreativen Einsparungsideen” sind eine der “Stärken” der Stadt Bergisch Gladbach. Man „spart“, kürzt Ausgaben und privatisiert öffentliche Aufgaben wo man nur kann und natürlich besonders bei Jugend, Kultur, im Umweltschutz oder bei Sozialem. Mit der Bundestagswahl 2013 wird nun auch bei der Wahl „gespart“.
Die Bundestagswahl ist ein weltweit beachtetes Ereignis. Warum nicht die Wahl als ein buntes Event vermarkten und verkaufen? Mit Werbung für Banken und Finanzprodukte und deren Sponsoring wird ja schon heute kräftig Geld verdient.
Im „Direktwahlraum“ in der Schloßstr. 82 können wir schon heute ein innovatives Wahlerlebnis der Zukunft in der Realität erleben. Dort steht direkt zwischen der Wahlkabine und der Wahlurne ein
großer Farbmonitor, auf dem den Wählerinnen und Wähler vor und nach dem „Kreuzchenmachen“ die Finanzprodukte der Bank in bewegten Bildern schmackhaft gemacht wird. Bergisch Gladbach ist
damit Vorreiter in ganz NRW und schon andere Städte und Gemeinden stehen für dieses Modell in den Startlöchern.
Als Vorbild für diese Art des Sponsorings scheinen die olympischen Spiele zu dienen, bei denen bekannte Autohersteller oder Sportausrüster werbwirksam als Geldgeber auftreten. Warum nicht einfach auch die Wahlen privatisieren? „Bundestagswahl 2013“ powered by Sparkasse oder „Kommunalwahl 2014“ gesponsort vom bergischen Instantkaffee hört sich doch gut an und bringt Geld in die leeren Haushaltskasse der Stadt. Alle Wahlkabinen und Urnen würden dann Werbelogos der Sponsoren erhalten und gegen Aufpreis könnten die Sponsoren auch direkt in und nicht nur neben den Wahlkabinen Werbemonitore aufstellen.
Das alles können wir schon heute im „Direktwahlraum“ Bergisch Gladbach Schloßstr. 82 live und in Farbe sehen, denn die Zukunft der Privatisierung der Wahlen hat in Bergisch Gladbach längst
begonnen.
Es geht aber auch noch kundenfreundlicher, denn natürlich könnten auch nette Werbegeschenke (Süßigkeiten), Prospekte (Möbel- oder Autohäuser) oder Hamburgergutscheine zusammen mit dem
Wahlschein verteilt werden, denn nach der Wahl könnte man die beworbenen Produkte ja auch direkt einkaufen.
Denkbar sind natürlich auch Wahllokale in den Filialen von Discountsupermärkten, US-Imbissketten oder dem Friseur an der Ecke. Einzelhändler und Handelsketten können sich schon jetzt bei der Stadt bewerben, um dem städtischen Haushalt Geld einzusparen. So könnte man auf die teuren Wahllokale in den Schulen verzichten. Dieses Sponsoring bei zukünftigen Wahlen würden der Stadt zehntausende Euro sparen, denn auch die Personalkosten ließen sich durch einen verkaufsoffenen Sonntag reduzieren, denn jeder könnte dann am Sonntag seine Einkäufe erledigen und an der Kasse wählen gehen. Das würde nicht nur die Umsätze, sondern auch die Wahlbeteiligung steigern. Nichtwähler erhielten natürlich keinen Rabatt.
Alles kein Problem, wenn es nach der Stadtverwaltung Bergisch Gladbach ginge, denn dass alles stört den Wahlvorgang angeblich nicht.
Da macht es auch gar nichts, dass schon heute während des Wahlvorgangs die Überwachungskameras in den Banken an den Eingängen und im Wahlraum alles filmen und abspeichern. “Warum regt man sich darüber auf, denn die Zukunft ist nicht nur geil, sondern auch Geiz und das Smartphone zeigt den US-Geheimdiensten sowieso schon an, wer in der Wahlkabine steht und die Partei XYZ gewählt hat? Auf Anfrage bekommt die Bundesregierung und Bundesnachrichtendienst diese Daten ja eh von der NSA ausgehändigt.” So mag der eine oder andere ja schon heute denken.
Alles nicht so schlimm meint die Stadtverwaltung und warum aufregen? Werbefreies Wahlgeheimnis ohne Kamerabeobachtung? … Wofür, wenn es doch Geld einspart und so schön bequem ist?
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