Der Stadt droht ein Verlust von 640.000 Euro durch spekulatives Glücksspiel am Finanzmarkt. Die Stadt sollte über alle weiteren riskanten Finanzspekulationen mit den Abwassergebühren der Steuerzahler aufklären. Womöglich gibt es da noch weitere Finanzeskapaden?
Im August 2006 hatte Stadt Bergisch Gladbach mit der Landesbank Baden-Württemberg ein spekulatives Finanzgeschäft abgeschlossen. Es sollten zu hohe Zinsen aus langfristigen Kreditverträgen des städtischen Abwasserwerks mit der Kreissparkasse Köln gesenkt werden. Über Finanzderivate und sogenannte “Zins-Swaps” sollte diese Zinsverluste herabgesetzt werden. (Siehe Berichterstattung Kölner Stadt-Anzeiger, Bergischer Teil, vom 5.3.2010)
Bei einem Zins-Swap-Geschäft vereinbaren die Vertragspartner den Austausch von verschiedenen Zinssätzen in einem fest vereinbarten Zeitraum. Die Zinszahlungen werden meist so festgesetzt, dass
eine Vertragspartei einen bei Vertragsabschluss fixierten Festzinssatz zahlt, die andere Vertragspartei hingegen einen variablen Zinssatz. Der variable Zinssatz orientiert sich an den üblichen
Referenzzinssätzen im Geschäft zwischen den Banken.
Es „gewinnt“ die Seite, die während der vereinbarten Laufzeit an die andere Seite weniger gezahlt hat. Swaps sind also nicht normale „sichere“ Geschäfte, denn der schon hohe Zinsverlust kann sich
dabei noch deutlich vergrößern. Die Gewinn- und Verlustchancen von Swap-Verträgen kann nur auf Basis von finanzwirtschaftlichen Wahrscheinlichkeitsberechnungen mit Risikomodellen beurteilt
werden.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart (Az.: 9 U 164/08) handelt es sich bei einen Swap-Vertrag um eine Art von Glücksspiel für den Kunden.
Die Stadtverwaltung will den Eindruck vermitteln, sie könne die Erfolgsaussichten solcher Verträge auf der Grundlage ihrer “Zinsmeinung” über die voraussichtliche Entwicklung abschätzen. Die Verwaltung hat mit ihrer einfachen pauschalen „Zinsmeinung“ gegen die Bank mit ihren hoch entwickelten Rechenmodellen gespielt.
Am Mittwoch, den 3.3.2010 teilte das Wirtschaftsprüferbüro Rödl & Partner im Infrastrukturausschuss des Stadtrats mit, dass in dem Vertragswerk zwischen der Bank und Stadt Bergisch Gladbach ein gravierender Formfehler vorliegt. So ist vorgeschrieben, dass die Termine und Laufzeiten eines Swap-Geschäftes mit denen des “Grundgeschäftes”, also des Kreditvertrages, übereinstimmen. Doch diese Laufzeiten stimmen nicht überein, so das von der Stadt für mehr als zwei Jahre zu lang acht Prozent Zinsen gezahlt werden müssen: nun droht ein Verlust von rund 640.000 Euro.
Erst auf Nachfrage des Vertreters der LINKEN wurde das Thema im des Infrastrukturausschusses ausführlicher behandelt. In der Sitzung konnte die Stadtverwaltung dem Vertreter der LINKEN keine befriedigende Auskunft über die Finanzgeschäfte der Stadt geben. Es entstand der Eindruck, dass sie selbst nicht weiß, was da eigentlich genau passiert ist, denn man konnte dieses komplizierte Zinsgeschäft den Volksvertretern im Ausschuss nicht im Detail erklären.
Nach Auffassung der LINKEN geht es im vorliegenden Fall nicht nur um die „katastrophale Schlamperei“ der Verwaltung bei Terminen im Vertragswerk, sondern auch um die grundsätzliche Frage, dass die Verwaltung mit den Steuergeldern und den Gebühren der Bürgerinnen und Bürgern an den Finanzmärkten zockt.
SWAPs sind spekulative Derivate und nicht einfach eine normale solide Finanzanlage. Wer etwas anderes behauptet lügt die Bürger an. Es handelt sich um ein riskantes Glücksspiel mit Gebühren- und
Steuergeld. Wer am Finanzmarkt nicht genau weiß was er tut, sollte solche spekulativen Finanzprodukte gar nicht erst erwerben, zumal es hier nicht privates Geld, sondern das Geld der Bürger
war. Offensichtlich hat sich die Stadt wiedermal über den Tisch ziehen lassen.
Kein Arbeitnehmer würde ihm anvertrautes fremdes Geld für ein Glückspiel einsetzen. Die Folgen könnten für alle unbequem werden.
Was wird noch auf uns zukommen?
DIE LINKE. stellt einen Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Abwassergebühren und dem nun drohenden Verlust der Gebühreneinnahmen her, denn die Verwaltung war schon Ende 2009 über den Fehler im Vertrag beim Abwasserwerk informiert. Es ist ein Skandal, dass man noch im Dezember die Gebühren für das Abwasser erhöht und erst heute den Stadtrat darüber informiert, dass ein Teil dieser Abwassergebühren durch Finanzspekulationen wieder verloren gehen werden.
Schon im Jahr 2006 bahnte sich die globale Finanzkrise an. DIE LINKE. will juristische Schritte nicht ausschließen und wird prüfen, ob die Verwaltung zu solchen riskanten „Geschäften“ ohne Ermächtigung des Stadtrats überhaupt berechtigt war und ist.
Für CDU-Bürgermeister Lutz Urbach ist dieses “Glücksspiel” am Finanzmarkt ein “übliches Verfahren” (siehe KStA, 6.3.2010 /Bergischer Teil) und er will auch zukünftig mit städtischen Steuergeld und Gebühren auf niedrigere Zinsen gegen die die Bank zocken.
Selbst wenn es der Stadt noch gelingen sollte, durch Verhandlungen mit der Bank den Schaden zu begrenzen, muss der Bürgermeister umfassend über alle riskanten Finanzgeschäfte mit Haushaltsgeldern und Gebühren aufklären. Schon nach dem Skandal um die Verluste der Bäderfonds wurde von der Verwaltung behauptet, dass man keine weiteren riskanten Finanzgeschäfte betreibt. Heute zeigt sich ein anderes Bild und wer weiß, was da noch auf uns zukommt?
Am 11. März 2010 um 16:46 Uhr
Danke. jetzt besser?